Nach meiner Rundreise über die Nordinsel mit einem Kumpel, der inzwischen wieder zurück in München ist, und dem Aufgabeln einer anderen Freundin aus Niederbayern machte ich mich nun auf den Weg auf die Südinsel. Steffis und mein Vorhaben dort: die Jobsuche.
Zuerst war mein Plan, auf den Weinfeldern der Regionen um Blenheim und Nelson einen Job als fruit picker zu finden, wie man hier alle Erntehelfer oder andere feldwirtschaftliche Aushilfskräfte nennt. Das wäre in diesem heißen Teil von Neuseeland wohl ein harter Job gewesen, vor allem weil sich die körperliche Anstrengung durch die ständige Aussetzung der täglichen Sonne erhöht. Und viel mehr als Mindestlohn (zur Zeit 14,25 neuseeländische Dollar pro Stunde) wäre wohl auch nicht drin gewesen. Allerdings wäre der Job sofort verfügbar gewesen und man muss sich nicht besonders lange bewerben – eine einigermaßen gute Fitness und ein standhaftes Durchhaltevermögen wären die einzigen Bedingungen gewesen.
Allerdings sagte uns das eigentlich nicht so zu und wir entschlossen uns kurzerhand mit einem Zwischenstopp in Christchurch direkt ins touristisch optimal erschlossene Queenstown zu fahren, wo wir uns bessere Jobs erhofften, ich beispielsweise in einem Café oder Restaurant. Außerdem wären die Ausflugsmöglichkeiten und Aktivitäten, die man dort erleben könnte, mindestens genauso gut wie in Marlborough und dem restlichen Norden der Südinsel.
Die Überfahrt mit der Interislander-Fähre war ein Erlebnis für sich. Man sollte dieses Transportmittel nicht nur als Mittel zum Zweck nutzen, sondern die dreistündige Fahrt durch die Marlborough Sounds mit den schönen Buchten richtig genießen. Wir stellten das Auto in Wellingtons Hafen auf einem der Decks ab und machten uns gleich auf den Weg ins oberste Geschoss, auf die Sonnenterrasse. Glücklicherweise hatten wir einen wolken- und windlosen Tag erwischt, sodass optimale Bedingungen herrschten und wir ringsherum einen spektakulären Ausblick zu Gesicht bekamen.
Auf der Südinsel in Picton angekommen machten wir erst einmal Brotzeit und kauften in einem Krusch-Laden ein paar Sachen für’s Auto. Danach fuhren wir bei bestem Wetter in Picton los, machten einen bewölkten Stopp in Kaikoura bei den Seelöwen und erreichten Christchurch bei strömendem Regen. Unser Glück hielt sich erst einmal in Grenzen, wir fanden noch nicht einmal auf Anhieb ein Hostel und mussten so in einen Vorort ausweichen, wo wir kurz etwas einkauften und uns leckere Thunfisch-Nudeln kochten und uns auf bayerisch mit einem anderen Deutschen, der im Hostel als Aushilfskraft für kostenlose Unterkunft mithalf und in Christchurch als Bauarbeiter arbeitete, unterhielten.
Nachdem wir erst einmal ausgeschlafen haben, ließen wir es am nächsten Morgen ruhig angehen. Das Wetter war immer noch trostlos, also saßen wir uns in das ans Hostel angeschlossene Café und bedienten uns am kostenlosen Frühstücks-Buffet. Es gab eigentlich nur Toast, Butter, Marmelade und Kaffee, aber einem geschenkten Gaul schaut man schließlich nicht ins Maul. Danach machten wir uns online auf die Jobsuche. Ich habe einfach mal alles angeschrieben, was im Entferntesten passen würde, mit Fokus auf Gastronomie und Landwirtschaft. Den neuseeländischen Lebenslauf habe ich zum Glück die Tage vorher schon vorbereitet, sodass ich ziemlich schnell einige Bewerbungen raushauen konnte.
Und siehe da: mir wurde auf eine Bewerbung nach kurzer Zeit geantwortet und hatte noch am selben Tag ein Vorstellungsgespräch und ein paar Probe-Stunden in einem feineren Restaurant in Methven, das im zentralen Canterbury westlich von Christchurch liegt. Die Stadt (oder das Dorf?) sagte mir erstmal nichts, ich googlete ein bisschen und kam zu dem Entschluss, dass es mir dort nahe der Berge sehr gut gefallen könnte – schließlich liebe ich es, zu wandern! Snowboarden wäre hier auch möglich, aber leider (oder zum Glück, wenn ich die schneereichen Bilder aus München sehe, die mir Freunde schicken) ist die Saison am nahegelegenen Mount Hutt erst ab Juli.
Und so überredete ich Steffi mit mir nach Methven zu fahren, sodass ich mein Glück beim Job-Interview versuchen konnte. Wir haben innerhalb von zwei Tagen unseren Plan also mehrmals umgeschmissen, aber wozu machen wir schließlich Work & Travel hier in Neuseeland? Um ungebunden tun und lassen zu können, was wir wollen. Und so fuhren wir immer geradeaus über die flachen Ebenen der Canterbury Plains Richtung Neuseeländische Alpen, an unzähligen Wein- und Weizenfeldern sowie etlichen Schaf- und Kuhherden vorbei, mit nervösen Gedanken an mein erstes Vorstellungsgespräch in Neuseeland.