Kurios, kurioser, Spanien. Schon alleine die Anzahl der Feste und Feiern ist verrückt genug: ca. 25.000 im Jahr. Das liegt größtenteils an der Verehrung vieler Schutzheiliger, aber auch an den kulinarischen Highlights, die Spanien zu bieten hat. In Galicien (wir erinnern uns: die nordischen Hinterwäldler aus Teil 1) gibt es sogar ein Fest zu Ehren der Pfefferschote. Jeder, der mal in eine spanische „Fiesta“ geraten ist, wird bejahen, wie anders diese in der Ausführung sind. Ich habe für euch 10 Feste rausgesucht, bei denen man teilweise nur den Kopf schütteln kann:
1. Eines der größten Feste zuerst: Semana Santa, die Osterwoche. In Spanien wird der Kreuzweg Jesus groß und für uns teilweise befremdlich gefeiert. Ich kann nur aus eigener Erfahrung berichten: Palma de Mallorca, 2 Uhr nachts, wir liegen nach einem anstrengenden Tag im Bett und schlafen tief und fest. Auf einmal drängt durch unser geöffnetes Fenster tosend laute Bläsermusik. Wir sitzen senkrecht im Bett, rennen auf den Balkon und schauen auf die Straße. Das erste, was wir entdecken, sind vermummte Gestalten mit Spitzhüten. Schock! Was ist denn jetzt hier los? Eine Osterprozession ist los. Diese gelten der Buße. Manch einer der Mitlaufenden trägt keine Schuhe, ein Holzkreuz auf der Schulter oder lange Metallketten am Bein. Zwischen den verschiedenen Blaskapellen kommen immer wieder riesige Heiligenstatuen. Auch diese werden von Büßern getragen. Doch die Menschen im kleinen Ort San Vicente de la Sonsierra gehen noch weiter: Um das Leid Jesu Christi nachzuempfinden, lassen sie sich vermummt auspeitschen. Später werden die Wunden von einem Arzt mit Alkohol versorgt. Die Kirche hält übrigens nicht sonderlich viel von diesem Brauch.
2. Weniger bekannt, dafür umso skurriler, ist das Baby Jumping in einem kleinen Ort bei Burgos namens Castrillo de Murcia. Es findet am Sonntag nach Fronleichnam statt. Ein Dorfbewohner verkleidet sich als “El Colacho”, eine Mischung aus gelb-rotem Clown und Teufel und treibt in dem Ort sein Unwesen. Was das ist? Er springt über mehrere Neugeborene hinweg, die auf einer Matratze liegen. Gar nicht mal so ungefährlich! Aber der Brauch soll die Babys in Zukunft vor Unheil beschützen.
3. Silvester, wann war das nochmal? Ach ja, im August oder nicht? Fragt man die Bewohner des spanischen Dorfes Valoria de la Buena, werden sie zustimmend nicken. Hier wird nämlich zweimal Silvester gefeiert. Und das im Sommer mit allem Drum und Dran: Sektkorken, Feuerwerk, Party und…naja… Kunstschnee. Ihr fragt Euch jetzt, wie man auf diese Idee kommt? Ganz einfach: In der Silvesternacht von 1994 gab es in der ganzen Stadt aufgrund eines Unwetters einen kompletten Stromausfall, sodass die Traditionen (später mehr dazu) nicht durchgeführt werden konnten. Kurzerhand entschied sich der Bürgermeister, die Feier im August nachzuholen. „Noche Vieja de Verano“ war geboren.
4. Kommen wir zum wohl international bekanntesten Fest in Spanien: die Tomatenschlacht von Buñol. Wer kennt die Bilder der „Tomatina“ nicht? Tausende Menschen sind auf den (roten) Straßen unterwegs und beschmeißen sich mit überreifen Tomaten. Was mit einem Streit zwischen Jugendlichen im Jahre 1945 begann, ist mittlerweile ein riesiges Fest, und das obwohl die ganze Schlacht nur eine Stunde dauert. Nach der Sauerei helfen übrigens alle mit, die Straßen und sich selber wieder zu säubern.
5. Auch in anderen spanischen Städten geht es kriegerisch her. Habt Ihr zum Beispiel schon mal etwas von der „Batalla del Vino“ (Weinschlacht) gehört? Diese findet seit dem 19. Jahrhundert in der Nähe von Haro im La Rioja Gebiet statt. In Weiß gekleidet mit einem roten Halstuch und mit Weinflaschen, -kanistern, -schläuchen oder sogar Wasserpistolen bewaffnet, strömen die Dorfbewohner am 29. Juni jeden Jahres zum Schlachtfeld. Nach einer gemeinsamen Messe heißt es dann: Weinbehälter anlegen und Feuer frei! Nicht lange und jeder ist rot. Nach dem Spektakel trifft man sich übrigens noch zum gemeinsamen Schneckenessen – der perfekte Abschluss!
6. In Valencia zu „las Fallas de Valencia“geht es etwas gesitteter zu. Naja, zumindest fliegen hier keine Lebensmittel durch die Luft, sondern nur Feuerwerkskörper (und von denen nicht wenige). Die einzigen, die hier leiden müssen, sind riesige Figuren aus Holz und Pappmaschee. Ähnlich unserer Karnevalswagen werden diese in mühevoller Handarbeit das ganze Jahr über geschaffen, um dann am 19. März mit großem Tohuwabohu in Feuer aufzugehen. Ab 22 Uhr steht gefühlt ganz Valencia in Flammen – nur eine „ninot“ (Figur) überlebt das ganze Spektakel und wird im Museo de Fallas ausgestellt.
7. Seit 2010 hat Spanien ein neues immaterielles Weltkulturerbe der UNESCO. Gemeint sind die Menschentürme bzw. Menschenpyramiden aus Katalonien, genannt Castells. Grundlage bilden immer die unteren Menschen, dann gibt es verschiedene Variationen: Vierer-, Dreier- und Zweier-Türme sowie Pfeiler, wobei immer die jeweilige Anzahl an Castellers in einem Stockwerk gemeint ist. Schwierig wird’s, wenn verschiedene Strukturen kombiniert werden. Die höchsten Türme bestehen aus 8 Stockwerken – könnt Ihr euch das vorstellen? Die Tradition, welche es schon seit dem Jahre 1801 gibt, wird immer von Tanz, Gesang und Instrumenten begleitet.
8. Was hat Silvester mit Weintrauben zu tun? Eigentlich nichts. Doch für die Spanier sind sie sehr wichtig. Vor Mitternacht schlägt der Kirchturm in Madrid zwölf Mal. Mit jedem Glockenschlag muss eine Weintraube gegessen werden, dann hat man fürs kommende Jahr Glück. Und wer will schon Unglück riskieren? Danach stößt man mit Sekt an. Ein Tipp: Unbedingt einen Goldring ins Glas legen, auch das bringt laut Spaniern Glück. Wäre das nicht schon genug, sollten Frauen besser rote Unterwäsche an Silvester und Neujahr tragen. Glücksoptimierung leicht gemacht!
9. Eine Schlacht hat Spanien noch zu bieten – die Blumenschlacht (Batalla de Flores) in Laredo. Hier werden große Wagen mit Blumen geschmückt und das nicht nur ein bisschen, sondern frei nach dem Motto Flower Power all over. Nach monatelanger Vorbereitung ziehen die Wagen Ende August durch die Stadt.
10. Das letzte kuriose Fest in Spanien ist morbide. Alle Bewohner aus dem winzigen Dorf As Neves, die im vorherigen Jahr quasi dem Tod von der Schippe gesprungen sind, feiern ihre Gesundheit. Das ist schön und gut, aber muss man das unbedingt mit Särgen zelebrieren? Früher legten sich die Glücklichen noch in die Särge und ließen sich durchs Dorf tragen, mittlerweile werden die Särge nur leer durch die Straßen getragen.
Das war noch lange nicht alles, ist aber wohl die Spitze des skurrilen Eisbergs von Spaniens Feierlichkeiten. Vielleicht haben die Fiestas ja das ein oder andere Lächeln auf Euer Gesicht gezaubert. Sehenswert sind sie sicherlich alle. Besonders auf einer Sprachreise nach Spanien kann man die Spanier und ihr verrücktes Feierverhalten kennenlernen. Ich wünsche euch viel Spaß beim Erkunden!
Ihr wollt noch mehr Kurioses rund um Spanien wissen? Dann lest Euch doch einfach den 1. Beitrag zu diesem Thema durch.
Dieser Artikel ist Teil der Reihe „TravelWorks loves Spain“.
2 Antworten auf „Die spinnen doch, die Spanier (2/2)“
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