Überraschenderweise hieß meine erste Station für die Freiwilligenarbeit in Australien Canberra. Ich rechnete eher mit der unmittelbaren Umgebung von Sydney, die Blue Mountains wären beispielsweise mein Lieblings-Einsatzort gewesen. Doch da man es sich leider nicht aussuchen kann, ging es für mich in Australiens Hauptstadt. Und wer weiß, vielleicht ist es gar nicht so schlimm und mein erstes Bauchgefühl irrt sich gewaltig.
Erster Eindruck von Canberra
Oder auch nicht. Der erste Eindruck von Canberra ist trostlos, liegt aber auch vielleicht am Wetter, das mich sehr bewölkt und ziemlich kalt empfängt. Ich hatte ein freies Wochenende vor mir, das ich damit verbringen wollte, die Stadt anzuschauen. Meine Mit-Volontäre haben mir die Sache aber gleich ziemlich vermiest: Ich solle nicht alles an einem Tag machen, denn soviel zu sehen gibt es hier nicht, und ich müsse es mir gut aufteilen für die kommende Woche.
Egal. Da ich sonst nichts zu tun hatte, ging ich am Samstag gleich mal los ins Regierungsviertel auf die andere Seite des Burley-Griffin-Sees, der Nord- und Süd-Canberra trennt. Ich war zu Fuß unterwegs und merkte nach einer Weile, dass sich die künstlich und sehr symmetrisch angelegte Hauptstadt ziemlich in die Länge zieht. Und dann fing es auch noch zu regnen an. Irgendwie kein toller Start.
Ich ging entnervt zurück ins Hostel (leider wird das Volontärshaus momentan renoviert). Dort versuchte ich mir durch eine kurze Sauna-Session (ja, das Hostel hat eine Sauna) und einen Aufenthalt im Whirlpool (ja, auch einen Pool) meine Stimmung aufzubessern, was mir zum Glück gelang. Danach kochte ich mit Franz (aus Innsbruck) und Jörg (aus Aachen), die mit mir zusammen in dieser Woche das Projekt meistern, ein leckeres Abendessen, bevor wir noch ein bisschen in dem spärlichen Bar- und Club-Angebot Canberras die Nacht unsicher machten. Na geht doch, schon gefällt es mir hier ein bisschen besser.
Sonntag war dann Gewitter angesagt, wir schliefen also aus und blieben fast den ganzen Tag im Hostel. Für einen Kaffee zum Aufwärmen ging ich am Nachmittag kurz ins nahegelegene Einkaufszentrum. Ich bummelte ein bisschen und sah mir danach spontan einen Film in den dortigen Kinos an. So kann man sich auch die Zeit vertreiben…
Die Arbeit im Freiwilligenprojekt
Und dann ging es montags endlich los, das Wetter war auch wieder top und ich hochmotiviert für meinen ersten Arbeitstag in den wetlands rund um Canberra. Endlich gab es etwas zu tun. Unsere erste Aufgabe: blackberries. Aha?! Erstmal nicht besonders viel kapiert. Müssen wir nun Brombeeren ernten? Hätte ich gar nicht so schlecht gefunden, die schmecken mir nämlich sehr gut und ich hätte dabei selbst ein wenig genascht. Aber machte nicht so viel Sinn, es ist schließlich noch Frühling, die kann man sicher noch nicht pflücken. Wir zogen uns Schutzkleidung an den Händen und Füßen sowie eine Warnweste mit den Worten conservation volunteers bedruckt an und bekamen eine Heckenschere und ein pinkfarbenes Giftfläschchen in die Hand. Nun wurde mir klar, dass wir die Sträucher zurückschneiden und vergiften mussten. Als ich den team leader fragte, warum wir das machen, meinte er nur, der Brombeerstrauch sei eine nach Australien eingeführte Pflanze, die einheimische Arten verdrängt. Für die Erhaltung endemischer Pflanzen müssen also erstmal andere dran glauben!
Voller Vorfreude machte ich mich also an die Arbeit, doch die anderen Volontäre verdrehten die Augen, als wir die Aufgabe bekamen. Naiv wie ich war, dachte ich mir nichts dabei. Doch ich merkte schnell, dass es dabei einige Tücken gab, mit denen man kämpfen musste: stachelige Dornen pieksten uns an jedem Körperteil, dichte Büsche hinderten uns am Schneiden, der Schweiß floss uns über die Gesichter und die nervigen Fliegen ergötzten sich auch noch daran. Trotzdem war ich froh, etwas tun und dem Land und der Region helfen zu können.
An den nächsten Tagen variierte die Arbeit glücklicherweise, wir erschufen mit Hacke und Schaufel einen kleinen Wanderweg für Naturfreunde durch den Park, zupften böses Unkraut neben kürzlich eingepflanzten Jungbäumen und suchten Schildkrötennester und sicherten sie mit Gittern vor den gemeinen Füchsen, die nach den Eiern graben, um sich daran satt zu essen. Doch weder Füchse noch Schildkröten lassen sich tagsüber auf dem Gelände blicken, von daher müssen wir uns mit den ab und zu vorbei hoppelnden Kängurus zufrieden geben – die sind eh noch typischer für Australien. Leider sind sie immer zu schnell für meine Kamera 🙁 .
Freizeitgestaltung in Canberra
Auch in der Freizeit entpuppte sich die Stadt als wirklich sehenswert. Das Wetter war unter der Woche heiß und trocken, der blaue Himmel und die vielen Grünflächen ließen das Stadtbild viel freundlicher wirken, als ich es anfangs erlebt hatte. Alles ist sehr sauber, es leben viele junge Leute hier und man kann sich doch einigermaßen die Zeit vertreiben, trotz anfänglicher Befürchtungen. An einem Nachmittag bestiegen wir zum Beispiel den Mount Ainslie, einen etwa 850 Meter hohen Hügel, der über der Stadt thront (Canberra liegt auf mehr als 500 Meter, deswegen war der Aufstieg nicht allzu schwer).
Der Blick vom Gipfel zeigt einen absolut symmetrischen Blick über die Stadt, vom Australian War Memorial bis hin zum Parliament House, wo zu dieser Zeit wahrscheinlich gerade Angela Merkel, die für den G20-Gipfel in Brisbane zu Besuch und wie wir zuerst dachten auf einen Abstecher in Canberra war, mit Australiens Premierminister Tony Abbott einen Kaffee getrunken hat 😉 (sie traf ihn aber stattdessen im aufregenderen Sydney, wie wir später herausgefunden haben).
Alles in allem beschrieb die Woche in Canberra eine steile Kurve nach oben. Es ging eher verhalten los und endete dann erheblich schöner und spaßiger. Trotzdem freue ich mich, dass ich nun von den Organisatoren nach Newcastle versetzt werde, wo ich in den kommenden zwei Wochen mit anderen Volontären weitere conservation work erledigen darf.