Unsere TravelWorks-Mitarbeiterin Bianca hat im Urlaub mit ihrem Mountainbike die Alpen überquert: 480 km in 6 Tagen. Den ersten Teil ihrer Geschichte findest Du hier. Im zweiten Teil des Interviews erzählt sie, wie ein verschwundener Ehering ihr ein paar Extra-Kilometer bescherte, von einem Unfall kurz vorm Ziel und wie sie im Rückblick über die Tour denkt.
Haben euch Muskelkater oder Erschöpfung auch mal einen Strich durch die Rechnung gemacht?
„Muskelkater hatten wir zu keinem Zeitpunkt, dafür hatten wir ja schließlich gut trainiert. Klar, es gab Abende, da waren die Beine schon mal schlapp, aber über Nacht sind wir dann ganz gut regeneriert 🙂
Als wir von Münster nach Garmisch losgefahren sind, fühlten wir uns mittlerweile richtig gut trainiert. Berge, die zu Trainingsbeginn ein großer Kampf waren, sind wir zum Schluss problemlos hochgeradelt. Entsprechend motiviert sind wir in den ersten Tag gestartet und der hatte es dann gleich in sich. Schon nach ner guten halben Stunde haben wir unseren ersten Powerriegel essen müssen und als wir den ersten Berg des Tages dann endlich erklommen hatten, kam direkt der Gedanke „Oje, vielleicht doch besser umdrehen und mit’m Auto nach Italien“.
Aber das war zum Glück nur ein „Startproblem“. Von da an lief’s eigentlich ziemlich gut. Sicher, während der Aufstiege war man schon ab und an fix und alle und viele Auffahrten konnte man nicht am Stück hochradeln. Aber der Ausblick und die Abfahrt haben die Strapazen dann wieder wett gemacht. Die Tour war insgesamt schon wirklich sehr, sehr anstrengend aber dennoch sind wir eigentlich nie mit einem „es geht gar nichts mehr-Gefühl“ im Hotel angekommen. Training sei Dank…;-)“
Hat das Wetter immer mitgespielt?
„Mit dem Wetter haben wir richtig Glück gehabt. Letztendlich waren wir natürlich auf alles vorbereitet: kurze Klamotten für Wärme, warme Klamotten für Kälte und Regensachen waren auch an Bord.
Am ersten Tag hat’s ab und an kurz genieselt. Das war nicht ganz so schön, das ein- und auspacken der Regensachen aus’m Rucksack und das Umziehen kostet immer unnötig Zeit. Den Rest der 6 Tage sind wir eigentlich hauptsächlich in kurzen Sachen gefahren. (Einmal musste die Fleecejacke raus, als wir bei 9,2 °C auf dem Berg die Abfahrt begonnen haben. Zugwind kann ganz schön kalt sein…)
Je näher wir dem Gardasee kamen, umso wärmer wurde es (zum radeln war der letzte Tag fast zu warm ) aber da wir am Gardasee noch einige Tage Anschlussurlaub geplant hatten, kamen uns die Strandtemperaturen ganz gelegen 🙂 Alles in allem war das Wetter wirklich perfekt für uns!!“
Was war das schönste oder auch lustigste Erlebnis auf der Tour?
„DAS schönste Erlebnis gab’s eigentlich nicht. Es gab viele tolle Momente, die Orte an denen wir waren, waren häufig wirklich unfassbar schön. Super Ausblicke, tolle Seen, unbeschreibliche Weiten, große Stille und das alles konnten wir ohne Massentourismus allein für uns genießen.
Als wir am Gardasee ankamen, hatten wir beide ein riesen Grinsen im Gesicht. Das Gefühl, so etwas geschafft zu haben, ist unbeschreiblich!!
Als wir auf dem Weg vom Gardasee nach Garmisch die Strecke mit dem Zug zurückgefahren sind, hat man sich die Berge angeschaut und gedacht „Krass….und da sind wir mit’m Mountainbike rüber“. Da bekomm ich immernoch ne Gänsehaut, wenn ich dran zurückdenke. Unglaublich, wir sind jetzt Alpenüberquerer…Einfach grandios!!
Mit einem lustigen (oder vielleicht eher dummen) Erlebnis kann ich dienen: Wie gesagt, unser Wetter war super. Da ich ziemlich schnell braun werde habe ich mich bei Sonne direkt eingecremt, da man ansonsten schnell die Ränder der Hose und des Shirts sehen konnte. Am 4.Tag, das war der Tag nach Uina, hatten wir eine eher entspannte Route eingeplant. Nach ungefähr 10km kam die Sonne raus und wir hatten an einer Bank schnell gehalten, damit ich mich eincremen konnte. Dann ging’s aber auch direkt weiter. Es folgten Serpentinen und eine Abfahrt, die selbst bergrunter zu steil zum Fahren war. Geschobenerweise unten angekommen, mussten wir feststellen, dass die vorgesehene Route inzwischen verbaut war (die GPS-Daten waren aus 2008). Den unglaublich steilen Berg also wieder hoch und nen Umweg suchen. Nachdem wir wieder auf der ursprünglichen Route angekommen waren, waren wir inzwischen sicher 3 Stunden unterwegs. Und plötzlich fiel mir auf, dass mein Ehering nicht mehr an meinem Finger war. Da es unmöglich war, dass er zwischenzeitlich einfach abgefallen ist, war klar….den muss ich nach dem eincremen auf der Bank liegen gelassen haben….=//
Ja….da blieb uns nichts anderes übrig als wieder zurückzufahren und zu hoffen… Wir also in einem unglaublichen Tempo wieder bis fast zum Startpunkt zurück (allerdings um den Berg drumrum, nicht nochmal drüber) und Gott sei Dank……..der Ring war noch da!!! Aus dem ursprünglich lockeren Tag wurden dann 117km, die so nicht geplant waren. Wir waren erst um 20:40Uhr im Hotel, so spät wie sonst nie auf der gesamten Tour.“
Hattet ihr irgendwelche Pannen oder Schwierigkeiten?
„Pannen im Sinne von kaputtem Rad o.ä. gab es nicht. Ich denke, dass wäre für uns auch nicht gaaanz so wild gewesen, mein Mann kennt sich ziemlich gut mit Fahrrädern aus und ich hätte ihm jede Reparatur zugetraut (Ersatzschläuche und Werkzeug hatten wir natürlich dabei) Ein Grundverständnis für so etwas sollte man bei der Tour auch mitbringen, denn man ist schon häufig sehr allein dort oben auf dem Berg…
Einen Unfall hatte ich allerdings. Ungefähr 30km vorm Ziel bin ich mit dem Mountainbike gestürzt. Das ganze passierte (zum Glück) während eines Anstieges. Ich nehme an, ich habe einen Stein einfach unglücklich berührt, was meinen Reifen zum wegrutschen brachte. Das alles ging so schnell, dass ich es gar nicht wirklich nachvollziehen kann. Plötzlich lag ich da und hatte eine Vollbremsung mit meiner gesamten rechten Körperseite gemacht. Dicke Kratzer am Knie, an der Hüfte und an der Schulter, dummerweise bin ich auch auf’s Gesicht gefallen, was mir eine ordentliche Schwellung, eine aufgeplatzte Lippe und ein Veilchen an der Wange einbrachte. Das hat gerade mein Mann auch als sehr unglücklich empfunden, da das Veilchen nicht wirklich nach nem Radunfall aussah…J
Am schlimmsten hat’s meinen rechten Unterarm getroffen, denn der war ziemlich tief aufgerissen. Und wie’s dann immer so ist…war das natürlich eine Schotterpiste und es hatten sich diverse Steinchen in meinem Arm verfangen. Wir haben die Wunde direkt gereinigt, desinfiziert und verbunden. Und dann….musste es ja weitergehen. Ich brauchte schon einen Moment, um mich wieder zu fangen, es tat schon alles ordentlich weh. Zunächst ging es ein paar Minuten zu Fuß weiter, und dann hab ich mich wieder auf’s Rad geschwungen und bin die restlichen km gefahren.
Man ist ja nunmal allein auf dem Berg. Jammern ist nicht… Da ist man so lang unterwegs, hat die steilsten, schwierigsten und gefährlichsten Wege gemeistert (unsere Höchstgeschwindigkeit lag bei 58km/h) und so kurz vorm Ziel legt man sich beim Anstieg auf die Nase…..“
Wenn Du die Tour noch einmal fahren müsstest, würdest Du alles genau so machen? Was würdest Du anders machen?
„Ganz ehrlich…..es war 1a, ich würde alles ganz genauso machen!!“
Für wen ist so eine Tour genau das Richtige?
„Eigentlich für jeden, der Spaß an Sport hat, Herausforderungen mag und an seine Grenzen stoßen möchte, für Naturliebhaber, Freiheitsliebende, für solche, die etwas Besonderes machen möchten. Denn alltäglich ist so eine Tour sicher nicht. Oder wie viele Leute kennst du, die Alpenüberquerer sind??“
Vielen Dank, Bianca, für das tolle Interview!
Und ihr? Habt ihr auch schon einmal eine ungewöhnliche Tour gestartet? Auf dem Einrad durch die Sahara?
Eine Antwort auf „Mit dem Rad über die Alpen (2/2): Ein verschollener Ehering“
Mit dem Rad habe ich das noch nie gemacht, aber die Alpen liebe ich trotzdem 🙂 Zurzeit plane ich die Urlaub Rodeneck solls dieses mal werden. Aber wer weiß, vielleicht mache ich mich mal eine Fahrradtour, um das Feeling deiner Reise nachvollziehen zu können 😉