Die Allgäu-Orient-Rallye gilt als eines der letzten „automobilen Abenteuer“. Die Aufgabe: In einem Auto, das älter als 20 Jahre ist und günstier als 1111,11 € war, die Strecke von Oberstaufen bis nach Dalyan in der Türkei schaffen. Unser ehemaliger Austauschschüler Simon Gallasch hat sich gemeinsam mit drei Freunden als Team „Orient AIXpress“ auf diese unglaubliche Tour begeben. Dabei ging es nicht nur darum, etwas Einzigartiges zu erleben, sondern auch, etwas Gutes zu tun. In einem Interview erzählt uns Simon von diesem Abenteuer, seinen Eindrücken, Erlebnissen und den Projekten unterwegs.
Monatelange Vorbereitung, Planung, Spenden sammeln – und dann geht’s plötzlich los. Was ist euch so durch den Kopf gegangen, als es dann plötzlich wirklich los ging?
Simon: „Die Vorfreude überwog auf jeden Fall! Die meiste Arbeit war ja zu dem Zeitpunkt schon getan – Autos reparieren und rallye-tauglich umbauen, Kinderheime und Schulen anschreiben und und und.
Als wir uns dann endlich auf den Weg von Aachen nach Oberstaufen zum Start machten, waren wir erleichtert und auch ein Stück weit stolz, es überhaupt so weit geschafft zu haben – viele andere Teams hatten ja schon vor dem Start aufgegeben!
Als wir dann über die Startlinie rollten, waren wir viel zu euphorisch, als dass wir an die Schwierigkeiten gedacht hätten, die uns auf dem Weg noch erwarten sollten.“
Ich habe mir sagen lassen, dass man auf so einer Rallye mindestens einmal liegen bleibt. Wie ist es euch ergangen? Hat euer Gefährt gut mitgemacht?
Simon: „Den ersten Schreckmoment hatten wir schon in Kroatien zu verkraften. Auf einer engen Bergstraße drehte sich eines unserer Autos bei nasser Straße. Außer ein paar Kratzern an der Stoßstange, eines kaputten Scheinwerfers und einer schiefen Lenkung passierte uns aber glücklicherweise nichts.
In Istanbul gab dann die Batterie den Geist auf – und das kurz einem der Highlights der Rallye – der Rallye-Kolonne durch die Altstadt bis zur Blauen Moschee. Hier kam aber die beeindruckende Hilfsbereitschaft unter den Teams zum Vorschein – in Windeseile war Ersatz besorgt und wir erreichten rechtzeitig die Blaue Moschee.
Kurz vor Ende der Rallye wurde es dann ernst: nach einer missglückten Kühler-Reparatur in einer türkischen Werkstatt folgte ein Problem dem nächsten. Mit Ach und Krach erreichten wir das Ziel, eines unserer Autos musste immer wieder Pausen einlegen, um den Motor zu kühlen. Zu allem Überfluss wurden wir vier auch noch krank, wir hatten wohl die Hühnchen nicht lange genug auf den Grill gelegt.
Das Ende verlangte uns also Einiges ab – es war vor allem Durchhaltevermögen gefragt!“
Unterwegs Gutes tun
Was genau habt ihr in eurem Sportprojekt gemacht und wie ist es angenommen worden?
Simon: „Dank eurer Hilfe hatten wir eine Menge Sportgeräte im Gepäck! Damit beschenkten wir das SOS Kinderdorf in Tiflis, Georgien. Die Kinder waren außer sich vor Freude und rissen uns die Sachen förmlich aus den Händen. Dadurch lief der Tag nicht so geordnet ab, wie wir das eigentlich vorhatten – das tat dem Spaß aller Beteiligten aber keinen Abbruch!
Simon: „Wir bauten einen Teil der Tore zusammen mit den Kindern auf und formten mehrere Gruppen, um dann ein richtiges Training zu veranstalten. Es war aber schnell klar, dass die Kleinen dafür viel zu aufgeregt waren – sie rannten wild durcheinander über den Fußballplatz und nahmen die neuen Tore unter Beschuss.
Man merkte, dass es ein besonderer Tag für sie war, auch die Verantwortlichen des SOS Kinderdorfes waren sehr gerührt.
Alles in allem wurde also aus dem durchgeplanten Sportcamp eine große spontane Feier mit viele glücklichen Kindern.
Es hat sich mal wieder bestätigt: mit Sport kann viel bewegt werden – Menschen mit vielen unterschiedlichen Hintergründen, Kulturen und Sprachen verstehen sich plötzlich und lachen zusammen.“
Was war das schönste Erlebnis auf eurer Tour?
Simon: „Am meisten bleiben uns auf alle Fälle die Menschen im Gedächtnis, die wir unterwegs treffen durften: auf der einen Seite natürlich die anderen Teams, ohne deren Hilfsbereitschaft wir vor noch größere Probleme gestellt worden wären, auf der anderen Seite die lokalen Bevölkerungen und ihre schier grenzenlose Gastfreundschaft. Es war beeindruckend zu sehen, wie selbstlos und freundlich sich diese Menschen gegenüber Fremden verhalten. Eine Eigenschaft, die in unserer Gesellschaft häufig zu kurz kommt!
Davon abgesehen hatte vor allem die Türkei atemberaubende Landschaften zu bieten, besonders Kappadokien und Istanbul ist immer eine Reise wert.“
Abenteuerlust, Durchhaltevermögen, Neugier.
Habt ihr unterwegs auch schwierige Momente erlebt?
Simon: „Neben den bereits beschriebenen Problemen bleiben natürlich auch Reibereien innerhalb des Teams nicht aus – immerhin ist man über drei Wochen auf engstem Raum zusammen! Darum ist es umso wichtiger, solche Abenteuer nur mit Freunden zu unternehmen, die man wirklich gut kennt.“
Womit hättet ihr vorher so gar nicht gerechnet?
Simon: „Mit dem schlechten Wetter auf dem Weg nach Istanbul. Wir hatten extra die längere Mittelmeer-Route gewählt, um abends ab und zu mal ins Meer zu springen – bei 15 Grad und Dauerregen hätte das aber keinen Spaß gemacht.“
Was sind die drei wichtigsten Eigenschaften, die man braucht, wenn man sich auf ein solches Abenteuer begibt?
Simon: „Abenteuerlust, Durchhaltevermögen, Neugier.“
Was würdest du jemandem mit auf den Weg geben, der darüber nachdenkt, so eine Rallye mitzumachen?
Simon: „Nimm dir genug Zeit zur Planung, wähle deine Mitstreiter sorgsam aus und suche dir ein soziales Projekt, mit dem du dich identifizieren kannst! So wirst du eine Zeit erleben, die du niemals vergessen wirst.“
„Ihr werdet es garantiert nicht bereuen!“
Du warst ja mit uns als Austauschschüler im Ausland. Wie würdest du sagen, hat der Austausch deine spätere Auslandsbegeisterung beeinflusst?
Simon: „Mein Auslandsaufenthalt in Australien war in vielerlei Hinsicht ein Startschuss: ohne diese Erfahrung wäre ich sicherlich nicht so abenteuerlustig, neugierig auf fremde Kulturen und selbstbewusst.
Ich kann nur jedem Schüler empfehlen, einen längeren Schüleraustausch zu wagen – ihr werdet es garantiert nicht bereuen! Man gewinnt dort Freunde fürs Leben und entwickelt seine Persönlichkeit, wie es in eurer gewohnten Umgebung wahrscheinlich nicht möglich ist.“
Wenn ihr die ganze wilde Fahrt verfolgen wollt, schaut doch mal auf dem Blog von Simon’s Team, dem Orient-AIXpress, vorbei!