Unverhofft kommt oft. Das ist einfach so.
Gerade vor einem Monat hatte sich ein Kumpel gen Neuseeland verabschiedet. Für ein halbes Jahr Work & Travel. Die Touren-Karte, die ich ihm geschenkt hatte, hatte er vergessen. Idiot. Und da lag sie nun auf meinem Wohnzimmertisch. Was damit tun? Wegschmeißen? „Nein“, dachte ich mir. „Vielleicht wird sie ja eines Tages DEINE Tourenkarte.“ Mit „eines Tages“ meinte ich aber eher in ein paar Jahren. Irgendwann mal. Eventuell nie. Umso fantastischer war es also, dass ich am nächsten Tag auf der Arbeit erfuhr, dass ich beruflich für eine Woche nach Neuseeland reisen würde – und meine übrigen zwei Wochen Urlaub dranhängen konnte.
Zwei Wochen Neuseeland. Nur ich und diese fantastische Insel am anderen Ende der Welt, die ich bei der Arbeit schon auf tausenden Fotos angestarrt und bewundert hatte. Zwei Wochen? Was macht man da so? Wie kommt man rum? Ich hatte für die Planung nur etwa drei Wochen. Also versuchte ich nicht zu viel zu planen, sondern flexibel zu bleiben. Dieser Plan endete damit, dass ich wusste, wann ich einen Mietwagen in Wellington abholen konnte. Mehr nicht.
Die lange Anreise überlebte ich mit der nicht enden wollenden Flut an Essen auf meinen Emirates- und Qantas-Flügen und 1 ½ Staffeln „The Walking Dead“. Schlaf war mir leider nicht vergönnt. Allerdings brachte das meinen Schlafrhythmus so sehr durcheinander, dass ich tatsächlich komplett ohne Jetlag auskam. Woho!
Lektion Gastfreundschaft: „Make yourself at home“
Eines der ersten Dinge, die ich in Neuseeland gelernt habe, ist: Wenn dir jemand eine Übernachtungsmöglichkeit anbietet, meint er es auch so. Und wenn jemand sagt „Fühl dich wie zu Hause“, dann ist auch das genau so gemeint, wie es gesagt wird. Die ersten beide Tage verbrachte ich in Wellington bei einer Kiwi-Familie. Während meiner ersten Woche in Palmerston North hatte mir jemand ihre Adresse mit den Worten „This is my sister, give her a call“ zugesteckt. Ich hatte mein Glück versucht und konnte tatsächlich bei der Familie in Porirua unterkommen. Ich tauschte ein bequemes Bett, nette Unterhaltungen, eine schöne Aussicht aufs Meer und eine Mitfahrgelegenheit in die Innenstadt von Wellington gegen meine „Kochkünste“ (es gab Kartoffel-Gratin und Philadelphia-Creme).
Von Porirua aus startete meine Entdeckungstour durch Wellington. Erste Station: Te Papa. Das Nationalmuseum. Ich stehe sowieso total auf Museen, kann einen Besuch im Te Papa aber nur jedem empfehlen. Bis auf temporäre Ausstellungen ist der Besuch kostenlos und man kann viel über die Geschichte der Maori, die Besiedlung Neuseelands oder auch Tiefseebewohner lernen. Außerdem gab es eine richtig tolle Ausstellung über Dinosaurier!
Anschließend holte ich meinen treuen Begleiter für die kommenden zwei Wochen ab: Willie! Mein blauer Nissan Wingroad würde mir nicht nur als Fortbewegungsmittel, sondern auch mit einer Luftmatratze ausgestattet als Heim dienen. Als Jukebox taugte er allerdings gar nicht – im CD-Spieler steckte eine schlechte Country-CD fest und das Radio hatte 80% der Zeit keinen Empfang. Abgesehen davon ließ Willie keine Wünsche offen und es sollte mir schwer fallen, mich nach zwei Wochen wieder von ihm zu verabschieden.
Lektion Auto fahren: „Noch eine Serpentine und ich schreie“
Ich kam am ersten Tag nur mäßig voran: Ständig eröffneten sich mir atemberaubende Aussichten und wunderschöne Landschaften mit Seen, sanften Hügeln, schroffen Felsen und von verwunschenen Wäldern bewachsene Berge zwangen mich immer wieder dazu, anzuhalten, um den Ausblick zu genießen. Außerdem musste ich mich schnell von meinem deutschen „Strecke und Fahrtzeit“-Konzept verabschieden. 100 Kilometer in Deutschland zu fahren und dieselbe Strecke in Neuseeland zurück zu legen sind zwei vollkommen verschiedene Dinge. Autobahnen gibt es nicht. Maximal sind 100 km/h erlaubt. Und die Straßen sind zwar in einem hervorragenden Zustand, schlängeln sich aber wild um Hügel, Berge und Seen herum. Hoch und runter geht es und ich glaube, auch Willie hatte irgendwann wie ich die Schnauze voll von Serpentinen und Straßen, an deren Kante es 20 Meter in die Tiefe ging. Einen Lichtblick aber gab es: LKWs, die sich quälend langsam durch die Serpentinen kämpfen, sind in der Regel so nett und halten an, um schnellere Autofahrer vorbei zu lassen. Das ist wirklich unfassbar freundlich und wie ich finde absolut bezeichnend für die Kiwis. Spätestens nach zwei Tagen hatte auch ich mich an die Straßen gewöhnt und empfand diese unfreiwillige Entschleunigung eigentlich auch als eine willkommene Abwechslung.
Einen längeren Stopp machte ich unter anderem, um mir am Mount Bruce nicht nur die heimischen Vogelarten mit ihren exotischen Gesängen, sondern allen voran auch den seltenen, weißen Kiwi zu bestaunen! Die sehen wirklich ulkig aus. Auch bei der Fütterung des kleinen Kiwis „Turbo“ durfte ich zuschauen! Der war wirklich zuckersüß 🙂 Mitnehmen durfte ich ihn aber nicht. Mist.
Anschließend ging es weiter nach Ohakune, wo ich übernachtete, um mich am nächsten Tag der 19,2 Kilometer langen Wanderstrecke des Tongariro Crossings zu stellen. Über dieses Abenteuer werde ich Euch an anderer Stelle noch einmal ausführlicher berichten 🙂 Aber ich kann Euch schon mal verraten: Es war absolut fantastisch und in jedem Fall empfehlenswert.
Lektion Weihnachten im Sommer: „30 Grad und Weihnachhtssongs“
Nachdem ich mir in der ersten Nacht in Willie auf gut Deutsch den Hintern abgefroren hatte, entschloss ich mich nach dem Tongariro Crossing, mich mit einem richtigen Bett für die Nacht zu belohnen. Der gute Mann an der Rezeption im Backpackers in Turangi empfing mich mit seinem kleinen Sherryglas und guter Laune. Er überließ mir ein kleines Einzelzimmer für überschaubare 23 NZD. So konnte ich gut ausgeruht meinen Roadtrip fortsetzen. Mittlerweile war Willie auch mit einem Star Wars Adventskalender ausgestattet. Bei Sonnenschein und sommerlichen Temperaturen war es ziemlich schwer, Weihnachtsstimmung aufzubringen und ich dachte, ein wenig Schokolade konnte mir dabei helfen (geklappt hat es nicht so gut. Im heißen Auto hat sich die Schokolade mehrmals auf und davon gemacht. Blöd.) Bei 30 Grad in T-Shirt und Shorts „All I want for Christmas“ zu hören machte es auch irgendwie nicht leichter. Weihnachten im Sommer ist eben irgendwie nicht richtig.
Mehr aus Neuseeland berichte ich euch im zweiten Teil 🙂 Dann berichte ich Euch von stinkenden Städten & wunderschönen Stränden.