Bevor ich mit etwa 11 Jahren „Die Gefährten“ im Kino gesehen habe, wusste ich ehrlich gesagt nicht einmal, dass es ein Land namens Neuseeland gibt. Geschweige denn, wo es liegt. Oder wie es da so aussieht. Mit seiner Trilogie um ein ungeliebtes Stück Goldschmuck hat Peter Jackson dem Land zweifelsohne einen unglaublichen Bekanntheitsgrad verschafft – vom Geldfluss ganz zu schweigen. Als für mich fest stand, dass mich mein Weg nach Neuseeland führen würde, war mir gleich klar, dass es nicht nur eine Reise ans andere Ende der Welt werden würde, sondern auch eine kleine Reise nach Mittelerde. Und von eben dieser Reise werde ich euch hier ein wenig berichten 🙂
So viel sei gesagt: Ich kann euch hier nicht viel Neues erzählen. Drehorte, Touren und dergleichen findet man zu Hauf auf verschiedenen Websites. Was ich euch aber erzählen kann ist, wie ich persönlich als Tolkien-Fan Neuseeland in der Rolle als Mittelerde erlebt habe. Und ich kann euch von meiner Warte aus berichten, was sich zu sehen lohnt und ob es wirklich alles so fantastisch ist, wie man sich das so vorab erträumt.
Ich habe mir von den Kiwis sagen lassen, dass in Neuseeland jeder jemanden kennt, bei dem irgendwas aus dem „Herrn der Ringe“ oder für den „Hobbit“ gedreht worden ist. „Jaja“, dachte ich. Aber ich habe mich schnell eines Besseren belehren lassen müssen. Eines Nachmittags war ich zum Kaffee bei einer Dame auf einer Farm ganz in der Nähe von Palmerston North eingeladen. Der große See hinter dem Haus kam mir erstmal nicht bekannt vor. Ein See halt. Mit Wasser. Und Gebüschen. Als sie aber erzählte, dass dort für „Die Gefährten“ die Szene an der Buckland-Fähre gedreht worden ist, schlug mein Herz natürlich ein wenig höher. Die Location findet sich im offiziellen Drehorte-Guide nicht, weil die Familie sich dagegen entschied, dort genannt zu werden; sie wollten nicht, dass Leute die Farm aufsuchen, wenn sie eventuell gar nicht zu Hause sind. Das ich jetzt hier war, war also schon etwas Besonderes. Und mit dem Wissen, dass hier einmal wie auf vielen Fotos bezeugt die Wohnwagen von Peter Jackson und der Hobbit-Besetzung gestanden hatten, bestätigten mir, dass mir der See auf den zweiten Blick doch sehr bekannt vorkam.
Weta-Cave: „Das hier ist keine Höhle?“
Richtig los ging es dann erst in Wellington: Hier besuchte ich die Weta-Cave, in der der Weta-Workshop zeigt, wie dort für verschiedenste Filme Miniaturen, Masken und täuschend echt aussende Requsiten entstehen. Dort traf ich schon vor dem Eingang auf drei lokale Berühmtheiten. Bill, Tom und Bert. Nein, nicht die von Tokio Hotel. Die Trolle aus dem Hobbit in lebensgroß. Ein riesiger Spaß kann ich Euch sagen und natürlich eine tolle Fotogelegenheit. Außerdem machte ich natürlich die Tour durch den Weta-Workshop mit. Dort können Besucher sehen, wie aus ersten Ideen, tausenden Entwürfen und in vielen Arbeitsschritten zum Beispiel realistisch wirkende Sci-Fi-Waffen für „District 9“, Schlösser für „Die Chroniken von Narnia“ oder auch Masken, Füße oder auch Waffen für die Besetzung des„Herrn der Ringe“ entstanden. Außerdem lernt man, wie aus Hydraulikschläuchen Kettenhemden werden J Der Workshop ist für Herr der Ringe-Fans natürlich ein Muss – aber auch für andere Besucher interessant. Eine Dame aus Indonesien hatte gedacht, dass es sich bei der „Weta Cave“ um eine Höhle handelt – die Tour fand sie dann aber trotzdem ganz spannend 😉 Ein lebensgroßer Thorin (ziemlich klein!) und ein lebensgroßer Uruk-Hai Lurtz (ziemlich groß und gruselig) sind als Tolkien-Fan natürlich absolut cool anzuschauen – Fotos schießen ist auf der Tour allerdings leider nicht erlaubt.
Tongariro Crossing: 19,2 Kilometer durch Mordor
„One does not simply walk into Mordor“ heißt es ja immer. Das stimmt aber nicht. Wer mal nach und durch Mordor laufen möchte muss lediglich 19,2 Kilometer und 800 Höhenmeter hinter sich bringen. Das ist die Strecke, die man beim „Tongariro Crossing“ im Tongariro Nationalpark zurücklegt. Vorbei an „Mount Doom“ geht es durch unwirkliche Felsformationen aus Vulkangestein und Geröll. Belohnt werden Wanderer auf dieser Tagestour mit dem unglaublichen Blick auf die blauen Seen, die eingebettet zwischen den Gipfeln hinter dem höchsten Punkt der Tour liegen. Überall dampft und qualmt die Erde und es riecht oft schwer nach Schwefel. Diese Tour ist auch für Nicht-Fans natürlich absolut atemberaubend und den mühsamen Aufstieg in jedem Fall wert. Ich bin nun wirklich kein Wander-Freak und auch nicht besonders sportlich, habe die Tour aber trotzdem ganz gut überstanden. Ich hatte keine Wanderschuhe mitgebracht und so mussten meine alten Vans herhalten. Und obwohl ich dafür wohl von dem ein oder anderem Wanderer belächelt worden bin, ich würde rückblickend niemandem von dieser Wahl der Schuhe abraten. Wer die Filme von Peter Jackson aufmerksam geschaut hat, kann an allen Ecken und Enden bekannte Perspektiven, Felsformationen und Aussichten entdecken. Abends im Backpackers schauten ich mit den anderen Bewohnern den zweiten Teil des „Hobbits“ und erkannten gleich die Wasserfälle von Soda Springs wieder, an denen man unter anderem auf der Wanderung vorbei kommt!
Besuch in Beutelsend
Am nächsten Tag ging es weiter mit meiner Reise durch Mittelerde. Auf dem Programm: Matamata. Hobbingen. Ich habe vorab unglaublich viel Gutes über die Movie Set Tour gehört – aber auch natürlich: Viel zu teuer, Touristenfalle, das Geld nicht wert.
Wir müssen uns nicht darüber unterhalten, dass 75 NZD für die Tour sicher kein Schnäppchen sind. Ich muss aber auch nicht dazu sagen, dass man mir dafür auch 200 Dollar aus den Rippen hätte leiern können und ich hätte nicht mit der Wimper gezuckt. Keine Frage, wer mit den Filmen nichts am Hut hat, kann sich das Geld auf jeden Fall sparen. Allen anderen kann ich sagen: Schaut es Euch an!
Das Dorf auf einer riesigen Schaffarm ist kein billiger Abklatsch. Alles fühlt sich absolut echt an. Im Gemüsegarten wachsen Kohlköpfe, Erdbeeren und alles, was die Jahreszeit gerade hergibt. Vor den kleinen Hobbithöhlen stehen Honiggläser, die Gärten quillen über voller bunter Blumen und alles ist wirklich liebevoll gepflegt. An den Wäscheleinen hängen Hemden und Hosen und man wartet nur so darauf, dass ein Hobbit herauskommt, um sie abzuhängen. Die Tour Guides haben allerhand interessanter Anekdoten zu erzählen, zum Beispiel dass ein armer Teufel von Peter Jackson damit aufgetragen wurde, die künstlichen Blätter am Baum über Beutelsend in einem anderen grün anzupinseln, weil ihm die ursprüngliche Farbe auf einmal nicht mehr gefiel. Man merkt, dass die Guides – vorwiegend junge Studenten – für das, was sie da machen, brennen. Zum Abschluss gibt es noch ein Bier im „Grünen Drachen“. Besser wird’s nicht. Für mich jedenfalls gehörte die Tour zu den Highlights meiner Reise.
Auch unterwegs kommt man immer wieder an Drehorten vorbei. Ich bin beispielsweise zufällig am Rangiteki River vorbeigefahren, der sich in tiefen Schluchten seinen Weg durch die neuseeländische Landschaft bahnt und keine Verwunderung darüber aufkommen lässt, dass man das breite Flussbett als Kulisse für eine Fantasy-Trilogie genutzt hat.
Um Mittelerde zu erleben muss es wirklich keine teure, vororganisierte „Herr der Ringe“-Tour sein. Wer wirklich was sehen will, hat auf einem Roadtrip, wie ich ihn hinter mir habe, genug zu sehen. Drehorte verstecken sich überall und sind oft mit wunderschönen Wanderungen zu verbinden. Und was ich erlebt habe ist nur die Nordinsel: Im Süden warten noch Edoras, der Fluss Anduin und außerdem der wahre Herr der Ringe – Goldschmied Jens Hansen. Für mich jedenfalls ein weiteres Argument, noch einmal zurück zu kommen und meine Tour durch Mittelerde fortzusetzen.
Eine Antwort auf „„One does simply walk into Mordor““
[…] des Tongariro National Parks bekommen. Welches Fleckchen Erde hätte eine bessere Kulisse für Mordor in Herr der Ringe abgegeben als Tongariro mit dem „Mount Doom“ und seiner […]